Denis Alt aus Bad Sobernheim
Objekt: Nagel aus der Schmiede des Freilichtmuseums
Mein besonderer Gegenstand ist ein - auf den ersten Blick - ganz gewöhnlicher Nagel, zumindest ein etwas in die Jahre gekommener gewöhnlicher Nagel. Auch die Geschichte hinter diesem Nagel verspricht keine unerwarteten Wendungen und ist an Spannung nicht mit einem Krimi zu vergleichen. Und dennoch erinnere ich mich gerne zurück an die Geschichte des Nagels und stelle im April 2020, in Zeiten der Corona-Pandemie und damit verbundener außergewöhnlicher Maßnahmen, fest, dass nichts wirklich gewöhnlich ist.
In der fünften Klasse, vor knapp 30 Jahren, absolvierte ich ein Schülerpraktikum in meiner Heimatstadt – hier im Freilichtmuseum in Bad Sobernheim. Gemeinsam mit meinen Schulkameradinnen und –kameraden lernte ich die Geschichte unseres tollen Landes kennen. Wir bekamen ein Verständnis für die Lebensumstände vergangener Zeiten und lernten u. a. mit Werkzeugen zu arbeiten. Die handwerkliche Erfahrung war abseits von den in der Schule erworbenen Kompetenzen prägend für mich. Rückwirkend betrachtet war die Erfahrung Objekte zusammenzubauen, ein Projekt selbst in der Hand zu haben, zielstrebig zu sein, den Sinn zu kennen und diesen gar selbst zu erschaffen, eine Lektion für mein weiteres Leben.
Damals konnte ich es natürlich nicht wissen, jedoch erkenne ich heutzutage manche Zusammenhänge auch im Hinblick auf meine heutigen politischen Tätigkeiten. Bei dem Praktikum lernte ich die Bedeutung der Arbeit kennen und das tolle Gefühl, stolz zu sein, etwas zu erschaffen und anzustoßen. Hatte ich diese Qualifikationen damals unbewusst mitgenommen? Ich versuche sie mir immer wieder bewusst zu machen, sie auf viele Bereiche zu übertragen, mit denen ich tagtäglich zu tun habe. Als Staatssekretär genieße ich das Privileg oft im Land unterwegs zu sein, Menschen und Institutionen zu besuchen und diese kennenzulernen. Auf manchen Vor-Ort-Terminen empfinde ich Assoziationen mit dem Freilichtmuseum und da denke ich - im Kopf schmunzelnd - an den Nagel zurück. So schließt sich im gewissen Sinne der Kreis und die Erinnerung an einen gewöhnlichen Nagel erweckt Nostalgie und Demut. Demut vor vermeintlich gewöhnlichen Gegenständen, gewöhnlicher Arbeit und Bewusstsein für Dauerhaftigkeit. Denn bereits Georg Christoph Lichtenberg, der als Begründer des deutschsprachigen Aphorismus gilt, fragte sich: „Wenn ich einen Nagel einschlage, nur um etwas anzuheften, so denke ich immer: Was wird geschehen, ehe ich ihn wieder herausziehe?“.